Auf der Homepage des Bundesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) sind die Beschlüsse der 91. Arbeitstagung des ALTS veröffentlicht worden. Diese Beschlüsse betreffen wichtige Aspekte der Lebensmittelkennzeichnung und -herstellung und sind von großer praktischer Bedeutung für Lebensmittelunternehmer. Die vollständigen Beschlüsse können hier abgerufen werden.
Irreführung durch geringfügige Mengen wertgebender Zutaten (Beschluss 2023/91/06)
Der erste veröffentlichte Beschluss betrifft die Kennzeichnung geringer Mengen wertgebender Zutaten. Der ALTS befasst sich mit der Frage, ob das Hervorheben von Zutaten, die nur in geringer Menge vorhanden sind, eine Irreführung darstellen kann, selbst wenn eine Mengenkennzeichnung (QUID-Angabe) vorhanden ist. Der ALTS ist der Auffassung, dass abhängig vom Einzelfall eine Irreführung vorliegen kann, obwohl eine Mengenangabe im Zutatenverzeichnis vorhanden ist. Die Gestaltung der Kennzeichnung im Einzelfall ist hierbei entscheidend.
Verkehrsauffassung von Hackfleisch aus großtechnischer Herstellung (Beschluss 2023/91/16)
Der ALTS beschäftigt sich auch mit der Verkehrsauffassung von großtechnisch hergestelltem Hackfleisch. Bei der industriellen Herstellung kann durch die mechanische Bearbeitung eine derart feinzerkleinerte Hackfleischmasse entstehen, dass diese sich in ihrer sensorischen und histologischen Beschaffenheit von traditionellem Hackfleisch unterscheidet. Der Strukturverlust müsse begrenzt werden, und bei „Hackfleisch“ müsse der Anteil an intakter Muskelfaserstruktur überwiegen. Ist dies nicht der Fall, müsse der Verbraucher über die veränderte Beschaffenheit informiert werden, um Irreführungen zu vermeiden. Der ALTS empfiehlt die Anwendung des „Leitfadens: Hackfleisch – Kriterien für den Parameter intakte/strukturierte Muskelfaserstruktur“, der hier heruntergeladen werden kann.
Kennzeichnung technologisch bedingter Strukturzerstörung (Beschluss 2023/91/19)
Ein weiterer Beschluss behandelt die Kennzeichnung der technologisch bedingten Strukturzerstörung von Fleisch in Erzeugnissen wie Frikadellen. Der ALTS ist der Ansicht, dass solche Erzeugnisse ein Mindestmaß an grober Struktur aufweisen müssen. Veränderte Herstellungstechnologien führten jedoch dazu, dass eine brätähnliche Substanz oft nur noch selten nachweisbar sei und die Strukturzerstörung sich histologisch anders auspräge. Produkte mit einem Anteil an brätähnlicher Substanz von über 20 Vol.-% oder mit ungenügenden sensorischen Eigenschaften müssten einen Hinweis auf den erhöhten Zerkleinerungsgrad des verarbeiteten Fleisches tragen. Dieser Hinweis sei im Zusammenhang mit der Bezeichnung des Lebensmittels erforderlich.
Bedeutung der ALTS-Beschlüsse
Es ist wichtig zu betonen, dass die Beschlüsse des ALTS rechtlich nicht verbindlich sind. Sie stellen die Meinung der Vertreter der Lebensmittelüberwachung dar und können von Gerichten vollständig überprüft werden. Nichtsdestotrotz haben die ALTS-Beschlüsse eine große praktische Bedeutung. Lebensmittelunternehmern, die sich an die ALTS-Beschlüsse halten, kann nur schwerlich ein Vorwurf sorgfaltswidrigen Handelns gemacht werden.
Seminare und Weiterbildung
Die vorstehenden Beschlüsse werden im Rahmen des sicw-Seminars „Aktuelle Fragestellungen Fleisch und Fleischerzeugnisse“ besprochen. Die Veranstaltung ist als Online-Veranstaltung geplant und wird voraussichtlich am 22.11.2023 stattfinden. Darauf möchten wir an dieser Stelle bereits hinweisen. Die Einladung zu der Veranstaltung wird in Kürze mit einem gesonderten Newsletter erfolgen.
Fazit
Die aktuellen Beschlüsse des ALTS zur Kennzeichnung von Lebensmitteln sind von großer Bedeutung für die Lebensmittelindustrie. Sie bieten Leitlinien zur Vermeidung von Irreführung und zur Sicherstellung transparenter Informationen für Verbraucher. Lebensmittelunternehmer sollten sich daher mit den Inhalten dieser Beschlüsse vertraut machen und ihre Kennzeichnungspraktiken entsprechend anpassen.