4. LFGB-Änderungsgesetz veröffentlicht

4. LFGB-Änderungsgesetz veröffentlicht

das 4. Gesetz zur Änderung des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuches sowie anderer Vorschriften wurde am 09.08.2021 als 4. LFGB-Änderungsgesetz veröffentlicht.

Die aktuelle Gesetzesfassung des LFGB ist hier abrufbar.

Anpassung der Täuschungs-Schutzvorschriften

Die bisherigen Täuschungsschutzvorschriften des § 11 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. a) bis c) LFGB sind weggefallen. Inhaltlich wurden die entsprechenden Sachverhalte bisher und werden auch weiterhin über das allgemeine Irreführungsverbot in Art. 7 Abs. 1 Buchst. a) LMIV abgedeckt.
 
Verschoben wurde demgegenüber die Regelung zu den Ekel erregenden Lebensmitteln. Die bisherige Vorschrift des § 11 Abs. 2 Nr.1 LFGB, nach der es verboten ist, andere als dem Verbot des Art. 14 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 unterliegende Lebensmittel, die für den Verzehr durch den Menschen ungeeignet sind, in den Verkehr zu bringen, wurde in § 12 LFGB verschoben. Hier hat es der Gesetzgeber bedauerlicherweise versäumt, durch eine geeignete Klarstellung den Anwendungsbereich der Vorschrift zu verdeutlichen. Ob die Regelung europarechts- und verfassungskonform ist, bleibt daher weiterhin fraglich.

Onlinehandel mit Lebensmitteln und anderen Erzeugnissen

Wesentliche Neuregelungen betreffen den Onlinehandel mit Lebensmitteln und anderen Erzeugnissen.
 
Zum einen soll durch den neuen § 38b LFGB (kurz gesagt) Plattformanbietern, die nicht als Lebensmittelunternehmer, Futtermittelunternehmer etc. anzusehen sind, über deren Plattform jedoch Lebensmittel und andere Erzeugnisse durch Dritte verkauft werden, eine gesonderte rechtliche Verantwortung auferlegt und die Möglichkeit geschaffen werden, diese gegebenenfalls zu Adressaten weitergehender lebensmittelrechtlicher, futtermittelrechtlicher oder produktsicherheitsrechtlicher Maßnahmen zu machen. Dies ergibt sich in dieser Deutlichkeit nicht aus dem Wortlaut der Norm. In der Gesetzesbegründung wird jedoch ausgeführt, dass sich ein besonderes Problem in der Praxis daraus ergebe, dass Betreiber einer Internetplattform ggf. nicht selbst Erzeugnisse in den Verkehr bringen, sondern den Anbietern lediglich die Internetplattform zur Verfügung stellen. Sie bringen damit kein Lebensmittel in den Verkehr, sind daher keine Lebensmittelunternehmer und können somit in der Regel auch nicht wegen Verstößen gegen lebensmittelrechtliche Vorschriften in Anspruch genommen werden.
 
Diese Lücke soll, so die Gesetzesbegründung des § 38b LFGB, ausdrücklich durch die genannte Norm geschlossen werden (vgl. BT-Drucks. 19/25319). Die Betreiber derartiger Internetplattformen seien üblicherweise als Dienstanbieter im Sinne von § 2 Satz 1 Nr. 1 TMG einzustufen und in der Folge gem. § 10 TMG für rechtswidrige fremde Informationen, die sie für einen Nutzer speichern, nicht verantwortlich, sofern sie keine Kenntnis von der Rechtswidrigkeit der Information oder der diese begründenden Umstände haben. Die zuständigen Behörden sollen die entsprechenden Plattformanbieter nach dem neuen Recht jedoch über Schnellwarnmeldungen im Europäischen RASFF- und RAPEX-System informieren können, wodurch die Dienstanbieter die auf ihrer Plattform gespeicherten Informationen zu den betroffenen Lebensmitteln unverzüglich entfernen müssen, um nicht die Verantwortung hierfür zu übernehmen. Der betroffene Hersteller bzw. Inverkehrbringer ist zwar grundsätzlich zuvor anzuhören. Eine Ausnahme gilt jedoch, wenn die bezweckten Maßnahmen dadurch gefährdet werden können.
 
Zum anderen wird durch die Vorschrift des § 43a LFGB nunmehr ausdrücklich die Probenahme von Erzeugnissen geregelt, die unter Verwendung von Fernkommunikationsmitteln zum Verkauf angeboten werden. Unter den Begriff der Erzeugnisse fallen sowohl Lebensmittel als auch Futtermittel, kosmetische Mittel und Bedarfsgegenstände.
 
Ebenso wie im Bereich der Probeentnahme im stationären Handel besteht auch im Rahmen des Verkaufs von Erzeugnissen über Fernkommunikationsmittel das Recht des Herstellers auf ein Zweitgutachten. Die Gewährleistung dieses Rechtes erfolgt entweder durch die gleichzeitige Bestellung eines zweiten Stückes oder die Aufteilung der Probe nach Eingang bei der Behörde, die die Gegen- oder Zweitprobe im Anschluss verwahrt und dem Hersteller bei Bedarf zur Verfügung stellt. Im Anschluss kann der Hersteller auf dessen Kosten und Gefahr eine Untersuchung durch einen privaten Gegenprobensachverständigen veranlassen.
 
Anders als im stationären Handel dürfen die Probenentnahmen im Onlinebereich „verdeckt“ erfolgen. Weiterhin müssen die Kosten für den Versand der amtlichen Probe sowie der Kaufpreis den zuständigen Behörden auf Verlangen künftig erstattet werden.
 

Rückverfolgungs-Systeme

Eine weitere wesentliche und sehr umstrittene Neuerung betrifft die Rückverfolgbarkeitsunterlagen. Bislang war in § 44 Abs. 3 LFGB geregelt, dass diese elektronisch zu übermitteln sind, sofern sie in elektronsicher Form vorliegen. Durch das 4. LFGB-Änderungsgesetz erfolgt nun eine Neuregelung dahingehend, dass die entsprechenden Informationen so vorrätig zu halten sind, dass sie der zuständigen Behörde spätestens 24 Stunden nach Aufforderung elektronisch übermittelt werden können. Dies hat in einem strukturierten, maschinenlesbaren und gängigen Format zu erfolgen. Faktisch besteht damit eine Verpflichtung, die Rückverfolgbarkeitsdokumentation zukünftig elektronisch zu führen. Anderenfalls wird es vielen Lebensmittelunternehmen schwerfallen, die 24 Stunden-Frist einzuhalten. Die zuständige Behörde kann im Einzelfall zwar Ausnahmen von den Anforderungen zulassen, soweit dies zur Vermeidung unbilliger Härten geboten erscheint. Ob und in welchen Ausmaß die Behörden hiervon Gebrauch machen werden, lässt sich zum gegenwärtigen Zeitpunkt jedoch noch nicht absehen.
 

Veröffentlichungen gem. § 40 Abs. 1a LFGB

Eine Klarstellung erfolgt im Hinblick auf § 40 Abs. 1a LFGB. Hier war umstritten, ob auch die Einleitung eines Strafverfahrens eine Veröffentlichung nach sich ziehen kann. Der Gesetzgeber hat nun geregelt, dass eine Veröffentlichung auch dann zu erfolgen hat, wenn eine Sanktionierung wegen einer Straftat zu erwarten ist und das Verfahren deshalb an die Staatsanwaltschaft abgegeben wurde. In diesem Zusammenhang bleibt abzuwarten, wie die Behörden mit den Fällen umgehen, in denen bei vorsätzlichen Taten eine Straftat und bei fahrlässigen Taten eine Ordnungswidrigkeit gegeben ist und in denen die Lebensmittelüberwachungsbehörden oftmals ohne weitergehende Prüfung eine Abgabe an die Staatsanwaltschaft verfügen, damit von dortiger Seite aus geprüft werden kann, ob eine Straftat vorliegt. Diese Ermittlungsverfahren werden regelmäßig wegen fehlendem Vorsatz eingestellt. Allein die Abgabe an die Staatsanwaltschaft dürfte somit nicht ausreichend sein, um eine Sanktionierung als Straftat erwarten zu können.
 
Darüber hinaus wurde geregelt, dass bei Verstößen gegen hygienische Anforderungen der Name des Lebensmittel- oder Futtermittelunternehmers sowie der Betrieb, in dem der Verstoß festgestellt wurde, genannt werden kann. In der Praxis wurde im Wesentlichen bereits nach der bisherigen Rechtslage so verfahren. Verschiedene Verwaltungsgerichte haben in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes jedoch die Auffassung vertreten, auch herausgehobene Verstöße gegen hygienerechtliche Anforderungen seien aufgrund des Wortlautes der Norm nicht zu veröffentlichen, wenn die festgestellten Verstöße nicht auf bestimmte Lebensmittel oder Futtermittel beziehbar seien (vgl. BT-Drucks. 19/25319). Dieser Rechtsprechung sollte durch eine Klarstellung entgegengewirkt werden.

Inkrafttreten

Mit Ausnahme der Regelung zur Rückverfolgbarkeit sind die Änderungen bereits am Tag nach der Verkündung im Bundesgesetzblatt, also am 10.08.2021 in Kraft getreten.

Die Vorschriften zur Rückverfolgbarkeit treten gestaffelt in Kraft.

Die Pflicht zur elektronischen Übermittlung innerhalb von 24 Stunden besteht ab dem 01.09.2022.

Ab dem 01.12.2022 muss die Übermittlung auch in einem strukturierten, gängigen und maschinenlesbaren Format erfolgen.
 
Auch wenn damit insbesondere die Vorschriften zur Rückverfolgbarkeit erst in über einem Jahr in Kraft treten, sollten sich die Lebensmittelunternehmer frühzeitig mit den Änderungen befassen, um ausreichenden Spielraum für die Umsetzung der neuen gesetzlichen Anforderungen zu haben.

Gültig ab:

10.08.2021

Quelle:

cibus Rechtsanwälte
Auf der Brück 46
51645 Gummersbach